Experimente

IMG_3270Novalis selbdritt

Novalis: Fragment über absolute Poesie

Erzählungen, ohne Zusammenhang, jedoch mit Assoziation, wie Träume. Gedichte – bloß wohlklingend und voll schöner Worte – aber auch ohne allen Sinn und Zusammenhang – höchstens einzelne Strophen verständlich – sie müssen wie lauter Bruchstücke aus den verschiedenartigsten Dingen sein. Höchstens kann wahre Poesie einen allegorischen Sinn im großen haben und indirekte Wirkung wie Musik usw. tun – Die Natur ist daher rein poetisch – und so die Stube eines Zauberers – eines Physikers – eine Kinderstube – eine Polter- und Vorratskammer.

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Assoziation I. Wie Träume eines Physikers über Gedichte, jedoch mit Kinderstube und Vorratskammer. Eine Polter-Poesie, absolute Fragmente – aber auch Erzählungen, bloß ohne Musik usw. Die Natur ist daher rein poetisch die Stube eines Zauberers – lauter Bruch-Zusammenhang und so: wohlklingend und einzelne Strophen wahr voll schöner Worte. Sie müssen wie verständlich tun, höchstens eine indirekte Poesie, einen allegorischen Zusammenhang wie Wirkung im großen und ohne allen Sinn und aus den verschiedenartigsten Dingen sein. Höchstens haben Stücke einen Sinn.

asso 2

Assoziation II. Über absolute Fragmente. Poesie wie Dinge aus der Kinderstube eines Polter-Physikers – ah! Vorrats-Stücke und Träume, Gedichte: Höchstens mit allegorischem Zusammenhang und so, jedoch auch indirekte Musik usw. wie die in der Natur tun – bloß wohlklingend, ohne einen Zusammenhang – aber einzelne Erzählungen wie ein Sinn im großen. Die Stube eines rein poetischen Bruchkammer-Zauberers: lautere, schöne und verschiedenartigste Strophen – sie müssen voll verständlich sein und wahre Poesie kann höchstens Wirkungen haben und ist ohne aller Worte Sinn ein Fragment über absolute Poesie.

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Seemacht im Wandel der Zeiten/als Quodlibet zu singen

Alle die mit uns auf Kaperfahrt gehen

Rolling home rolling home Rolling home across the sea

Wir lagen vor Madagaskar

                                                                                              Jan und Hein und Claas und Pit

Verronnen die Nahacht und der Morgen erwahacht

Und hatten die Pest an Bord

Müssen Männer mit Bärten sein

And it’s blow boys blow For Californio

Auf dem Atlantik Auf dem weiten Meer

Rolling home to dear old England

Die haben Bärte Die fahren mit

In den Kesseln da faulte das Wasser

Rolling home dear land to thee

Und täglich ging einer über Bord

Rote Flotte mit Volldampf voraus

Schwimmet unser U-Boot So langsam hin und her

In Stürmen und Tosen Wir roten Matrosen

For there’s plenty of gold So I’ve been told

Heidi heido heidah Heidi heido heidah Heidi heido heidahahahaha

Auf Tiefe gehn Wir fahren als Vorhut hinaus

Die waren beide mein ja mein der Heller ward zu Wasser

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REISE BERICHTE vernetze

 Gut ein Jahr nach meinem Eintritt in die Filmfabrik war 1965 eine erste Auslandsdienstreise anhängig. Die jugoslawischen Abnehmer drängten auf eine Verbesserung der Kundendiensttätigkeit.  

Besuchte Institutionen:                                                 Verteiler des Reiseberichtes:

 

Vertreterfirma Interimpex                                         Werkleiter

Cinefoto Import/Export                                              Kaufm. Direktion

Centralna Filmska Laboratoria                                  Abt. Absatz Foto

Avala Film                                                                     Direktorat Fotochemie

RTV Beograd Skopje Zagreb Ljubljana                      Ltr. Filmbetriebe

Firma Jugolek                                                                Dok./InfÖkonWiss

Foto-Centar Import/Export                                        TKO

Jadran Film                                                                     Werbeabteilung

Bosna Film Labor Foto-Optik                                       Kundendienst

Sutjeska Film undsoweiter                                             Dienstreisender

 Alternierzeiler

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AKTENEINSICHT


Zentrale Pers. Datenbank Erfassungsbeleg Indexierer: Bu. SV heißt wohl Sachverhalt Schriftlich-negative Äußerung Datum-Feststellung 79 Wir wollen Strukturen im Dienst der Menschen und nicht den Menschen im Dienst von Strukturen Alle Macht der Fanta err. der Phantasie Ereignisstelle: Wohnung Erf-Art: OPK Erf-DienstEinheit: Ro/KD Törnstedt Vorbereitung Auswertung von Berichterstattung über Dienstreisen
Erf-Datum:81-86 Reg-Nr:1/853/81
Entwicklungsstadium: Verdacht Geheimnisverrat
Erste Mahnung: Terminüberz. bei Reiseauswertung
Begehungsform: Literatur. Mittel: Manuskript Papier Propagieren Versenden Veröffentlichen
Da warst du draußen im Auftrag dieses Staates und
nun befragt dich der Zoll als seiest du ein Feind ein Gegner Vor zehn, fünfzehn Jahren Schreib einen Bericht Kopie an Wenauchimmer
Roman Arbeitstitel Reise zu den Aptenodyten
Warst du nicht damals in Paris mit diesem – wie auch immer der Name war.
Liegt beim Verlag Neues Leben vor Fabel beinhaltet Berichtswesen Zentralproblem Dienstreisen nichtsoz Ausland. Ereignisstelle wie gesagt Wohnung
Wir haben die Druckgenehmigung mit Auflagen erhalten Also Versenden innerhalb DDR Geheimnisverrat Acht Jahre im schweren Fall Motiv: Ablehnung staatliche Maßnahme
Sag mal, Du bist aus Ostdeutschland Allemagnedelest wie exotisch
Teilnahmeform: Täter Verdacht Bearb-Maßnahme: Einsatz IM Operative Personenkontr. Vorgang Reisekaderbestätigunsgverfahren Sachverhalt Bedingung Schrägstrich Umstand: eigene Dienstreisen für volkseigenes Dingsbumskombinat Kadergespräch mit parteilosem Kollegen Protokoll dazu verlorengegangen Alle Macht der Fantasie bei Ausscheiden aus Kombinat vor Aufnahme geregelter Tätigkeit (Schriftsteller)

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Sonnenaufgang, das ist Anfang Dezember ohne Frühaufstehen zu haben. Die Stille reckt sich über die gefrorene Weite des Ackers, lastet als Tuch aus Dunst auf Koppeln und Zäunen. Rechterhand bis zum Bodden hin frisch umgebrochenes Feld. Krähen ziehen am Himmel, ein Flug Wildgänse. Der Südwest läßt die Vögel abdriften, das Winkelzeichen ihrer Formation wird allmählich ein Tropfen. Eine Allee toter Ulmen, gegen Brünzow.

Daß die Bäume hohl sind, fällt beim ersten Zusehen nicht auf. Erst näheres Hinschauen, als ich dem Frieden der Rißbilder gegen den rotweiß marmorierten Himmel nicht traue und an einen der Stämme trete, zeigt: nicht nur fehlen die Blätter wie bei allen Laubbäumen zu dieser Jahreszeit, den Bäumen sind auch große Rindenstücke abhandengekommen. Wie abgeblätterter Mauerputz liegen sie auf der Erde, Hornfladen, nutzlose Panzerplatten. Das graue, trockene Stammholz ist glatt, von gewellter Oberfläche; die Maserung dunkel geflammt. Der Wind wirft die Äste, sie wippen geschmeidig. Es heult, als sei nichts geschehen. Die Sonne zeigt eben erst eine Hälfte über dem fernen Wald, noch leicht in die Breite gezogen. Nach dem Wasser zu blinkt ein Fenster, erlischt im Weitergehen. Der Dunst hebt sich, in der Ferne vermischt mit Rauch aus schief sitzenden Schornsteinen. Flach überm Boden zerbröselt der Rest der Schwaden. Der Weg ist ausgefahren, durch Radspuren zernarbt, voller Lachen. Werde ich ankommen? Und – wenn ja: was will ich in Brünzow? Ich weiß keine Antwort.

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